26.09.2012

Berufliche Zwecke des Vermieters können Grundlage der Kündigung eines Mietvertrags sein

Benötigung der Mietwohnung für berufliche Zwecke als Kündigungsgrund des Vermieters
 
 
Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob die Absicht des Vermieters, die Mietwohnung zu rein beruflichen Zwecken zu nutzen, ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses darstellen kann.
 
Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung des Klägers in Berlin. Mit Schreiben vom 2. November 2009 kündigte der Kläger das Mietverhältnis zum 30. April 2010 und begründete dies damit, dass seine Ehefrau beabsichtige, ihre Anwaltskanzlei nach Berlin in die von den Beklagten gemietete Wohnung zu verlegen. Die Beklagten widersprachen der Kündigung und machten Härtegründe geltend.
 
Das Amtsgericht hat die Räumungsklage des Klägers abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen.
 
Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass auch dann, wenn der Vermieter die vermietete Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit oder die eines Familienangehörigen nutzen will, ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1 BGB* vorliegen kann. Dieses ist aufgrund der verfassungsrechtlich geschützten Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB* gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken. Das gilt umso mehr, wenn sich – wie hier nach dem Vortrag des Klägers revisionsrechtlich zu unterstellen ist - die selbst genutzte Wohnung des Vermieters und die vermietete Wohnung in demselben Haus befinden.
 
Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, da dieses zu den für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung maßgeblichen Umständen keine Feststellungen getroffen und nicht geprüft hat, ob Härtegründe nach § 574 BGB** vorliegen.
 
*§ 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters
 
(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. …
 
(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
 
1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat,
 
2. der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder
 
3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; …
 

 
**§ 574 BGB: Widerspruch des Mieters gegen die Kündigung
 
(1) Der Mieter kann der Kündigung des Vermieters widersprechen und von ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Dies gilt nicht, wenn ein Grund vorliegt, der den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung berechtigt.
 
(2) Eine Härte liegt auch vor, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann.
 

 
Urteil vom 26. September 2012 - VIII ZR 330/11
 
AG Charlottenburg - Urteil vom 8. Dezember 2010 - 212 C 72/10
 
LG Berlin - Urteil vom 8. November 2011 - 65 S 475/10
 
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 26. September 2012)



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21.09.2012

Freispruch!

Seit einigen Monaten läuft vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Braunschweig eine Verhandlung gegen vier Angeklagte wegen Kapitalanlagebetrugs und Untreue. Es erfolgte eine umfangreiche Beweisaufnahme und heute war die Urteilsverkündung.

Drei der vier Angeklagten wurden zu Geldstrafen verurteilt.

Mein Mandant, dem Untreue vorgeworfen wurde, wurde freigesprochen. Er ist froh darüber, dass ein seit 2005 laufendes Strafverfahren gegen ihn nun (vorläufig) sein gutes Ende gefunden hat.


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20.09.2012

Die Vergütungsvereinbarung und ihre Tücken

Vergütungsvereinbarungen (auch Honorarvereinbarung genannt) sind grundsätzlich zulässig (§ 3a RVG). Zu ihrer Wirksamkeit müssen aufgrund der gesetzlichen Regelung einige Voraussetzungen beachtet werden.

Sie muss z. B. deutlich von anderen Vereinbarungen abgesetzt sein, nicht mit der Vollmacht vermischt werden und den Hinweis enthalten, dass im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nur die gesetzliche Vergütung erstattet wird.

Beliebt ist die Vereinbarung eines Stundensatzes. Hier ist der Abrechnung mit dem Stundennachweis besondere Beachtung zu schenken, denn diese können gravierende Fehler enthalten. In einem aktuellen Fall hat mir ein Mandant eine Abrechnung von zuvor beauftragten Anwälten vorgelegt. Diese wies diverse Mängel auf, so dass in einem anschließenden Gerichtsverfahren eine Reduzierung der Rechnung um fast 40% erreicht werden konnte.

Es kann sich also durchaus lohnen, derartige Rechnungen überprüfen zu lassen!

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14.09.2012

Mineralwasser kann und darf "Bio" sein

Bundesgerichtshof entscheidet Streit um "Biomineralwasser"
 
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hält die Verwendung der Bezeichnung "Biomineralwasser" nicht für irreführend.
 
Der Beklagte bietet ein natürliches Mineralwasser an. Dieses Wasser bezeichnet und bewirbt er als "Biomineralwasser". Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hält dies für irreführend. Sie meint, der Verkehr verbinde mit "Biomineralwasser" Qualitätsmerkmale, die für ein natürliches Mineralwasser bereits gesetzlich vorgeschrieben und daher selbstverständlich seien.
 
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat der von der Zentrale erhobenen Unterlassungsklage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht Nürnberg die Klage hinsichtlich der beanstandeten Verwendung des Begriffs "Biomineralwasser" abgewiesen.
 
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichts bestätigt. Der Verkehr erwartet von einem als "Biomineralwasser" bezeichneten Mineralwasser, dass es nicht nur unbehandelt und frei von Zusatzstoffen ist, sondern im Hinblick auf Rückstände und Schadstoffe deutlich unterhalb der für natürliche Mineralwässer vorgesehenen Höchstwerte liegt. Mineralwässer, die die gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschreiten, unterscheiden sich von den Mineralwässern, bei denen der Gehalt an Rückständen und Schadstoffen nahe an diesen Werten liegt. Ob das vom Beklagten vertriebene Mineralwasser diese hohen Reinheitserwartungen erfüllt, stand nicht im Streit.
 
Der Verkehr erwartet auch nicht, dass die Verwendung von "Bio" bei Mineralwässern gesetzlichen Vorgaben unterliegt oder staatlich überwacht wird. Der Umstand, dass der Gesetzgeber bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine gesetzliche Regelung für die Verwendung von "Bio" getroffen hat, führt nicht dazu, dass diese Bezeichnung beim Fehlen einer gesetzlichen Regelung nicht verwendet werden darf. Das in der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung bestimmte Gebot, für das vom Beklagten vertriebene Wasser die Verkehrsbezeichnung "natürliches Mineralwasser" anzugeben, steht der zusätzlichen Bezeichnung als "Biomineralwasser" ebenso nicht entgegen.
 
Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11 - Biomineralwasser
 
LG Nürnberg-Fürth - Urteil vom 19. Januar 2011 - 3 O 819/10
 
OLG Nürnberg - Urteil vom 15. November 2011 - 3 U 354/11, GRUR-RR 2012, 224
 
(Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 13. September 2012)


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